hanna klingseisen
randbereiche
vernissage: di, 14. nov 2023 ab 17 uhr
ausstellungszeitraum 14.-19. nov 2023
öffnungszeiten:
mi - fr: 16 - 18 uhr
sa - so: 14 - 18 uhr
"die grenze ist keine räumliche tatsache mit soziologischer wirkung, sondern eine soziologische tatsache, die sich räumlich formt."
(georg simmel)
textilien fungieren als natürliche grenzen, sie sind kleidungsstücke, decken, vorhänge, zelte. stoffe sind eng verknüpft mit emotionalem erleben und persönlichen erfahrungen, ihr taktiler reiz ist in unserer leiblichen erinnerung eingeschrieben.
das textile als das den körper umhüllende ist teil des ersten eindrucks einer begegnung, es entscheidet über nahbarkeit und abgrenzung, empathie oder zweifelhaftigkeit des gegenübers.
die komplexität der grenze besteht darin, dass sie wahrzunehmen nur von außerhalb, in der vogelperspektive oder durch ihr verletzen, also in einer überschreitung der grenze gelingt.
hanna klingseisen beschäftigen be- und entgrenzungen, im privaten wie gesellschaftlichen kontext.
ursprünglich ausgehend von erfahrungen der mutterschaft, stellt sie sich in ihrer künstlerischen auseinandersetzung fragen, die weit über diesen persönlichen raum hinausgehen: wieviel bleibt vom selbst, von der eigenen kontur, wenn eine ständige, (zeitlich wie räumliche) verbindung mit zu anderen menschen besteht?
was macht unsere eigene grenze aus? wodurch entstehen verbindungen?
gesellschaftliche entgrenzungen zeigen sich im lösen von strukturen, dabei steht das individuum der gemeinschaft gegenüber.
trotz stetig zunehmender individualisierung und damit einhergehender abgrenzung, verschmelzen wir gleichsam mit der öffentlichkeit – in unserer darstellung, in unserem arbeiten und globalem denken.in gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer hinsicht entstehen neue berührungspunkte, grenzen lösen sich, formen sich neu. das ende des einen wird zum anfang des anderen.
verwoben mit unserem selbst und der außenwelt, formt unsere individuelle wahrnehmung begrenzungen oder ermöglicht es, diese aufzulösen.wie ziehen wir die grenzen zwischen den dingen, und welche beziehung besteht zwischen inneren und äußeren grenzen?
biographie
Mit einem Hintergrund in der Haute Couture verbrachte Hanna Klingseisen 15 Jahre in der Textilbranche und arbeitete für verschiedene Couture-Ateliers, bevor sie 2012 ihr eigenes Label gründete und Prêt-à-porter-Kollektionen, maßgeschneiderte Brautkleider und Abendkleider entwarf, bis 2017.
Nach der Geburt ihrer beiden Töchter in 2018 und 2020 verließ sie den Modesektor und begann, die gesammelten Couture-Stoffe in Kunstwerke zu verwandeln - um den Kreislauf des ständigen Herstellens neuer Kleidung zu durchbrechen.
Ihr kreativer Prozess konzentriert sich auf zwischenmenschliche Themen, die in größerem Maßstab auch grundlegend für die Gesellschaft als Ganzes relevant sind.
Stoffe wirken als Schichten zwischen Menschen sowie als ihre Grenzen, als Kleidungsstücke, Decken, Vorhänge oder Zelte. Der Stoff stellt den ersten Eindruck eines Zusammentreffens dar - er bestimmt Ähnlichkeit oder Differenzierung, Einfühlungsvermögen oder Zweifel. Diese Alltagsthemen, die bei näherer Betrachtung in globale und wesentliche Themen münden, haben einen wichtigen Einfluss auf ihre Arbeit.
Ihre Arbeiten sind in der Stephanie Thatenhorst Interior, dem VOR Studio, dem stea store, ihrem eigenen Münchner Atelier und bald in der Commonsense Gallery in Mailand zu sehen.